Delegationsreisen: Ein kurzer Hype oder doch mehr?

26.10.2023

Im September – ziemlich genau nach einem halben Jahr - trafen sich die Teilnehmer der großen Südamerika-Delegationsreise zu einem Austausch in München. Der Grundtenor: Die Kontakte sind geknüpft, die Inspiration ist noch da – und nun heißt es weiterarbeiten.

Begeistert, ja fast enthusiastisch kamen im Frühling 2023 die Teilnehmer:innen der Delegationsreise „Water is Energy“ aus Südamerika zurück. Die Größe und Innovationskraft der Projekte in Chile beeindruckten die 25 Teilnehmer der Reise – und damit war nicht nur die Solaranlage Cerro Dominador in der Atacama Wüste gemeint. „Sie werden merken, dass die bayerischen Branchen wie die Faust aufs Auge zu den südamerikanischen Branchen passen“, meinte damals Pamela Valdivia, die als bayerische Repräsentantin in Südamerika beide Welten wie ihre zwei Westentaschen kennt. Doch was hat sich seither getan?

 

Was blieb von der Euphorie und den sich anbahnenden Kontakten?

„Durchaus einiges!“, zeigte das Nachtreffen der Delegation in München, das am 28. September stattfand. Nach den Begrüßungsworten von Ministerialdirektorin Dr. Ulrike Wolf (Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie) gab Pamela Valdivia ein Update zu den Aktivitäten der Repräsentanz, die seither stattfanden bzw. noch geplant sind. Hier wurde klar ersichtlich, dass die strategischen Themen - Nachhaltigkeit, Klimawandel, Digitalisierung und Innovation – gut gesetzt sind und mit Hochdruck am Aufbau von stabilen und langfristigen Partnerschaften mit regionalen Unternehmen gearbeitet wird. Dabei ist der Repräsentanz wichtig, die zentralen Stakeholder aus den Innovationsökosystemen einzubinden – zum Vorteil der Wirtschaft in Bayern und in Südamerika. Pamela Valdivia wies auch auf große Kongresse hin, die 2023 noch stattfinden, wie z.B. die Wasserstoffkonferenzen in Cartagena und in Santiago de Chile oder die Bess & Less Renewables Conference, ebenfalls in Santiago.

 

Doch wie sahen die Delegationsteilnehmer selbst den nachhaltigen Erfolg der Reise?

Auch jetzt, ein halbes Jahr nach der Reise, ist der Grundtenor auf diese Frage positiv – der Samen ist gesetzt, viele der Teilnehmer haben nach wie vor Kontakte und einzelne Projekte sind in der Pipeline. Dass es oft viel Geduld braucht, bis sie tatsächlich in die Umsetzung kommen, ist Denn – um es mit den Worten von Thomas Dittler vom IMS zu sagen: Ein Auftrag kommt dann zustande, wenn „ein Kunde ein drängendes Problem hat, es mir dir lösen möchte und über das Geld verfügt, dich zu bezahlen.“

„Für konkrete Ergebnisse ist es jetzt nach einem halben Jahr noch zu früh“, räumt auch Prof. Dr. Gerhard Sextl, Leiter des Fraunhofer Instituts für Silikatforschung, ein. Die Reise empfand er als enorm inspirierend, denn „als Forschungsdienstleister für die Wirtschaft muss ich auch wissen, wo die großen Probleme sind, wo Forschung notwendig ist.“ Im Nachgang wurden die Kontakte zwischen dem Fraunhofer Institut und Chile noch vertieft. So konnte ein Mitarbeiter, der auch die Geschäftsführung vom European Lithium Institut eLI innehat, noch einmal nach Chile reisen und dabei Lithiumlagerstätten besichtigen. „Damit uns die Industrie mit Entwicklungsarbeiten beauftragt, müssen wir die Themen kennen, die weltweit wichtig sind und darauf vorbereitet sein. Welche Themen das sind, das erlebten wir hautnah auf dieser Reise“, so Sextl.

Dr. Thomas Ammerl, Fachbereichsleiter Umwelt, Energie & Bioökonomie bei der Bayerischen Forschungsallianz (BayFOR), weist noch auf den großen Vernetzungseffekt der Reise hin, der langfristig eine bessere Zusammenarbeit ermöglicht. „Wir haben viele chilenischen Einrichtungen kennengelernt und auch die Personen dahinter. Und das war für mich etwas ganz Entscheidendes: Neben den Themen auch die Personen kennenzulernen, mit denen wir gegebenenfalls in neue Forschungs- und Innovationsprojekte reingehen. Und zwar die chilenische Seite und auch die bayerische Seite.“

Auch Gianluca Pauletto von Sypox bestätigt, dass inspirierende Gespräche geführt wurden und der Kontakt nach wie vor besteht.  

 

Vernetzung, Austausch untereinander, neue Perspektiven

Die Reise brachte viele andere Perspektiven“, meint auch Carlos Olivo, Vertrieb LATAM von Flottweg SE, und ergänzt noch, dass der Bedarf für bayerische Produkte auf jeden Fall da wäre – und es dann, im besten Fall, auf einmal auch ganz schnell gehen könne und ein Auftrag entstünde.

Spannend ist auch, dass sich die Delegationsteilnehmer nach dieser Reise auch untereinander weiterhin austauschen und durch wechselseitige Besuche und viele Gespräche gemeinsames Lernen und damit eine stetige Weiterentwicklung schaffen.

 

Pitches von Start-Ups der LATAM Delegation

Lust auf mehr machten auch die Pitches der LATAM Delegation, die auch beim Nachtreffen anwesend waren. Ein Start-up, das schwach gewordene Lithium-Batterien aufbereitet und sie somit mehrere Lebenszyklen haben, neue Logistiklösungen mit Schließfächern, Reifen aus recyclebaren Materialien, die die gesamte Lebensdauer eines Fahrzeuges halten, Lösungen für elektrische Fahrzeugflotten, Software für einen sicheren Zahlungsverkehr oder Möglichkeiten, Solarpanele langfristig sauber zu halten und damit die volle Leistung zu generieren? In kurzen Sessions erhielten die Delegationsteilnehmer einen Einblick, womit sich junge Firmen in Südamerika beschäftigen.

Das eindeutige Fazit ist: Delegationsreisen öffnen den Horizont für mehr. Mehr Inspiration, mehr Kooperation, mehr Zukunft. Der persönliche Kontakt vor Ort ist unersetzlich. Dass sich das nicht unmittelbar und kurzfristig in den Auftragsbüchern niederschlägt, ist klar. Langfristig tragen sie jedoch dazu bei, den sprichwörtlichen Fuß in die Tür zu bekommen.

Die Nachtreffen zeugen davon, wie wichtig es ist, die Vernetzung ernst zu nehmen und sich gegenseitig immer wieder zu „pushen“, die eigene Komfortzone zu verlassen und neue, zukunftsträchtige Märkte wie beispielsweise Südamerika zu erschließen.

 

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