Eine Branche emanzipiert sich: die Kultur- und Kreativwirtschaft in Bayern

Die Kultur- und Kreativwirtschaft überzeugt jenseits der Innovationskraft auch durch die in Zahlen gefasste gesamtwirtschaftliche Bedeutung: In Bayern sind dies z.B. 30,6 Mrd. € Umsatz in 2012. Damit rangiert diese Branche auf Augenhöhe mit der Automobilindustrie und der chemischen Industrie. In verschiedenen Studien des Freistaats, der Metropolregionen München und Nürnberg, der IHKs Schwaben, der Oberpfalz und Niederbayern, wie der Mainfranken Region schlug sich die Bedeutung der Branche in  Statistiken nieder. Hinter diesen Fakten verbirgt sich eine unglaubliche Vielfalt. Herausragende Impulsgeber und Macher sind hier unterwegs, die begeistern. Wenn wir allein den Filmmarkt betrachten, entdecken wir über 50 Berufszweige. Ein ähnliches Kaleidoskop öffnet sich in jeder der elf Teilbranchen: Musikinstrumentenbauer, Werbeagenturen, Architekten, Produktdesigner, das Kunsthandwerk, die Games-Schmieden und Verlage um nur wenige zu nennen.

Die Kultur- und Kreativwirtschaft umfasst insgesamt elf Teilbranchen: Musikmarkt, Buchmarkt, Kunstmarkt, Filmwirtschaft, Rundfunkwirtschaft, Markt für darstellende Künste, Architekturmarkt, Designwirtschaft, Pressemarkt, Werbemarkt und Software-/Games-Industrie. Darüber hinaus werden unter dem Begriff „Sonstiges“ Teilbereiche zusammengefasst, die sich als entstehende Branchen nicht genau zuordnen lassen.

Das verbindende Element dieser Teilbranchen ist immer der schöpferische Akt, d.h. etwas tun zu müssen ohne primär an betriebswirtschaftliche Fragestellungen zu denken.  Diesem schöpferischen Akt haben die Branchen ihre hohe Innovationsfähigkeit zu verdanken.

In den letzten Jahren entwickelte die Branche ein zunehmendes Selbstbewusstsein. Die Akteure formulierten konkrete Forderungen nach niedrigschwelligen Ansprechpartnern, Sichtbarkeitsinitiativen, mehr Wertschätzung, professionellen Netzwerkkontakte und günstigen Atelier-, Arbeits- und Büroräumen. Das Beratungsangebot der Bundesinitiative Kultur- und Kreativwirtschaft wurde in einem ungeahnten Umfang nachgefragt.

Um den oben genannten Fragestellungen gerecht zu werden, entstanden auf kommunaler, wie freistaatlicher Ebene Initiativen. Ein Clustermanagement für Kultur- und Kreativwirtschaft in Regensburg, ein Ansprechpartner in Augsburg nahm seine Arbeit auf und schließlich gründeten sich das Bayerische Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft in Nürnberg und das Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft der LH München in der Metropolregion München.

Explizit folgte der Münchner Stadtrat dem Forderungskatalog der Kulturschaffenden und Kreativunternehmen. So entsteht gegenwärtig ein Team von sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in drei Referaten mit gemeinsamem Sitz im Kreativquartier unter einer Leitung. Ziel ist es in betriebswirtschaftlichen und projektbezogenen Fragestellungen zu beraten, Raum zu vermitteln, Netzwerke aufzubauen und die Sichtbarkeit und die Wertschätzung branchenübergreifend zu erhöhen. Bayernweit werden sich 15 Ansprechpartner, Kümmerer und Experten zunehmend im Verlauf des Jahres aktiv den Branchen zuwenden.

Außenwirtschaftlich gilt es den häufig ausschließlich regionalen Wertschöpfungsbezug der Branchen aufzubrechen. Die Musikwirtschaft begann mit Messebeteiligungen auf der Entertainment Expo in Hongkong 2008 sowie der MIDEM in Cannes 2010. Im Anschluss an die Messebeteiligung in Hongkong reiste die bayerische Musikwirtschaftsdelegation zweimal in die VR China. Nach Shanghai und Guangzhou. 2010 schloss sich die Designwirtschaft mit der Innodesign in Hongkong an. Die Beteiligung an der SXSW in Austin, Texas dieses Jahr wies einen großen Schritt nach vorn auf dem Weg zur wirtschaftlichen Augenhöhe mit anderen Branchen. Austin faszinierte durch den branchenübergreifenden Ansatz. Film-, Musik-, Interactive-, Gamesunternehmen wie technologisch orientierte Start-Ups vernetzten sich international unter dem weiten Dach der South by Southwest. Kultur- und Kreativwirtschaft hat damit nun auch außenwirtschaftlich einen weiteren Schritt zu einem Wirtschaften auf Augenhöhe mit den klassischen Wirtschaftsbranchen gemacht.

In den vielen Beratungsgesprächen kristallisieren sich neben den allgemeinen politischen Forderungen immer wieder die persönlichen wirtschaftlichen Fragestellungen heraus: Planung, Preisbildung, Marketing, Akquise, Finanzierung und schließlich das Auflösen des Konflikts zwischen wirtschaftlicher und künstlerisch, kultureller Ausrichtung der eigenen Tätigkeit sind immer wieder Thema. Das Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft der LH München ist der Ansprechpartner im Großraum München zu allen oben genannten  Fragestellungen. 

Die Metropolregion München in Zahlen (Stand 2013)

Einwohner: 5,6 Mio. - Jahresumsatz der Kultur- und Kreativwirtschaft der Metropolregion München 20 Mrd. Euro

Erwerbstätige: 2,9 Mio.  - Anteil der Kultur- und Kreativwirtschaft der Metropolregion München am Umsatz der Gesamtbranche in Deutschland: 14,4 %

Erwerbstätige in der Kultur- und Kreativwirtschaft: 275.000

Die Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft in Zahlen für Deutschland

In Deutschland sind im Jahr 2013 in der Kultur- und Kreativwirtschaft über eine Million Menschen erwerbstätig, davon knapp 249.000 als selbständige Freiberufler und gewerbliche Unternehmerinnen und Unternehmer sowie rund 791.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Berücksichtigt man auch die geringfügig Beschäftigten und geringfügig Tätigen, sind sogar rund 1,59 Millionen Erwerbstätige in der Kultur- und Kreativbranche aktiv. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nahm 2013 gegenüber dem Vorjahr um 3,27 Prozent zu. Bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kann die Kultur- und Kreativwirtschaft höhere Wachstumsraten verzeichnen als die Gesamtwirtschaft.

Die 249.000 Unternehmen erzielen zusammen ein Umsatzvolumen von über 145 Milliarden Euro. Insgesamt kann die Kultur- und Kreativwirtschaft damit im Jahr 2013 schätzungsweise einen Beitrag in Höhe von ca. 65 Milliarden Euro (2,3 Prozent) zur Bruttowertschöpfung leisten.

Kontakt: 

Landeshauptstadt München
Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft
Dachauer Straße 114
80636 München
Telefon: 089-233-289-17
E-Mail: kreativ@muenchen.de
www.kreativ-muenchen.de 

Autor: Jürgen Enninger stammt als ehemaliger Geschäftsführer, Verleger und Verbandssprecher aus der Musikbranche. Der studierte Religionspädagoge und Kulturwirt leitete seit Anfang 2010 das Regionalbüro Bayern des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes. Seit September 2014 ist er der Leiter des Kompetenzteams Kultur- und Kreativwirtschaft der Landeshauptstadt München einer referatsübergreifenden Arbeitsgruppe.